Kanzler und US-Präsident: Das erste Telefonat
● AfD-Klage: Verfassungsschutz hält still |
● Online only: Bayern macht Druck |
● Beamte sollen in Rentenkasse zahlen |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, als der leider viel zu früh verstorbene Journalist Georg Streiter vor zwanzig Jahren die legendäre Bild-Schlagzeile „Wir sind Papst“ erfand, war ich Volontärin. Und hatte an jenem historischen Erscheinungstag die zweifelhafte Ehre, das Lesertelefon zu hüten. Es klingelte ununterbrochen. Ausnahmslos alle Anrufer waren empört. Einige aus sprachlichen Gründen („Grammatik!“). Die meisten aus inhaltlichen: „Die Titelseite ist total nationalistisch!“ – „Es gibt keinen ,deutschen‘ Papst!“ – „Was fällt Ihnen ein? Die katholische Kirche ist universell!“ Stimmt. Ist sie. Und dennoch ist der neue Papst ein Ami. Was erstens die inoffizielle Kirchenregel pulverisiert, wonach niemand Pontifex wird, der einer Supermacht entstammt. Und zweitens ganz tröstlich ist – schließlich ist Donald Trump ab sofort nicht mehr der mächtigste Amerikaner der Welt. 1,4 Milliarden Katholiken sind als Fanbase einfach schwer zu schlagen. |
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| Papst Leo XIV. trug, anders als Franziskus, eine Stola mit den Porträts der vier Evangelisten zu seinem ersten Auftritt. Doch dem geistigen Erbe seines Vorgängers fühlt er sich verpflichtet (© dpa) |
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Wird der Heilige Stuhl jetzt also zum Gegenpol des Weißen Hauses? Nein, das ist nicht seine Aufgabe. Und wer sich nur darauf fixiert, blendet womöglich das entsetzliche Leid in Ländern wie Sudan oder Venezuela aus, das ganz ohne Zutun aus Washington geschieht. Ein Trump-Korrektiv war Robert Prevost jedoch schon, bevor er Papst wurde. Noch im Februar postete er einen Artikel mit der Schlagzeile: „J.D. Vance liegt falsch: Jesus schreibt uns keine Reihenfolge vor, wen wir mehr oder weniger lieben sollen.“ Im April teilte er die Kritik an der Abschiebung eines Mannes aus El Salvador, der legal in den USA gearbeitet hatte – mit den Worten: „Seht ihr nicht das Leid? Regt sich euer Gewissen nicht? Wie könnt ihr da ruhig bleiben?“ Schon Leo XIII. galt als Sozial-Papst – die Namenswahl des neuen Pontifex dürfte kein Zufall sein. Papst Leo XIV., 69, mag der „unamerikanischste Amerikaner“ sein – wie die italienische Presse wegen seines langen Wirkens für den Augustinerorden in Peru und Rom sofort beschloss. Vielleicht macht gerade diese Mischung den als Mann der Mitte geltenden Mathematiker aus Chicago mit franko-italienisch-spanischer Herkunft zum geopolitischen Seelsorger. Und auch die Protestanten reiben sich schon neugierig die Hände. Denn der letzte weltberühmte Augustiner war: Martin Luther. Was erhoffen Sie sich vom (un)amerikanischen Papst? Schreiben Sie an feedback@focus-magazin.de |
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Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump haben gestern am späten Abend erstmals miteinander telefoniert. Beide hätten eine enge Zusammenarbeit mit dem Ziel einer Beendigung des Kriegs in der Ukraine vereinbart, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit. „Gleichzeitig waren sich Präsident Trump und Bundeskanzler Merz einig, die Handelsstreitigkeiten rasch beilegen zu wollen.“ Beide hätten einen weiteren engen Austausch und wechselseitige Besuche verabredet, hieß es nach dem etwa 30-minütigen Gespräch. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) schließt zur Durchsetzung von Zurückweisungen an deutschen Grenzen die Aktivierung von Artikel 72 EU-Vertrag nicht aus. Um das schärfere Vorgehen ausführen zu können, sei „Paragraph 18 der einschlägige im Asylgesetz, den wir nutzen im Zusammenhang mit bilateralen Verträgen und auch in Verbindung mit Artikel 72“, so Dobrindt im ZDF. Artikel 72 sieht vor, dass zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ und zum „Schutz der inneren Sicherheit“ von EU-Recht abgewichen werden kann. Die Nutzung der Klausel hatten die Union bereits 2024 für „umfassende Zurückweisungen“ auch von Asylbewerbern verlangt. | |
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| Alexander Churchill, 10, Ururenkel des Premierministers, zündete gestern in Westminster Abbey eine Gedenkkerze an (© dpa) |
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Churchill-Ururenkel gedenkt der Kriegsopfer |
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Nicht nur im Deutschen Bundestag, auch in Westminster Abbey wurde gestern in Anwesenheit von Veteranen und König Charles des Kriegsendes vor 80 Jahren gedacht. Ein Ururenkel von Kriegspremier Winston Churchill verlas dabei ein Gebet für „Frieden in Europa und in der ganzen Welt“ und für das „Opfer derer, die uns bei der Verteidigung von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden vorangegangen sind“. In Berlin warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fast zeitgleich davor, einen „sogenannten Schlussstrich unter unsere Geschichte und unsere Verantwortung“ ziehen zu wollen. Ihn wundere die Hartnäckigkeit, mit der manche – „leider auch in diesem Haus“ – dies forderten. Besorgt zeigte er sich über das Anwachsen extremistischer Kräfte, ohne die AfD zu nennen. „Wer Gutes für dieses Land will, der schütze das Miteinander, den Zusammenhalt und den friedlichen Ausgleich von Interessen“, sagte er unter langem Beifall. AfD-Chef Tino Chrupalla äußerte dazu: „Wir fühlen uns nicht als Extremisten angesprochen.“ Er kritisierte, Steinmeier habe „in einigen Passagen seiner Rede diesen Tag missbraucht.“ Es sei unangemessen, dass er die Amerikaner angegriffen habe. Steinmeier hatte kritisiert, dass sich die USA von der internationalen Ordnung abwendeten, die sie selbst geprägt hätten. Er sprach von einem „doppelten Epochenbruch“ und betonte: „Der Angriffskrieg Russlands und der Wertebruch Amerikas, das ist das, was das Ende dieses langen 20. Jahrhunderts markiert.“ |
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| Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln: Die Behörde hat die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Grundlage ist ein nicht öffentliches Gutachten (© dpa) |
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AfD-Klage: Verfassungsschutz hält still |
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nennt die AfD bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren nicht mehr öffentlich „gesichert rechtsextremistisch“. Die AfD hatte gegen die Einstufung durch das BfV geklagt, das daraufhin eine sogenannte Stillhaltezusage abgab, „mit Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht“. Wann die Eil-Entscheidung fällt, ist unklar. Parteichefin Alice Weidel bezeichnete den Schritt als Erfolg für die AfD und die Demokratie. „Wir werden auch weiter gegen die ungerechtfertigte Diffamierung der AfD vorgehen und sind überzeugt, dass wir damit erfolgreich sein werden“, sagte sie der dpa. Die Stillhaltezusage bedeutet jedoch nicht, dass die Verfassungsschützer ihre Einstufung zurücknehmen. Sie hatten sich schon 2021 Stillschweigen auferlegt, als die AfD (bislang erfolglos) gegen ihre Einstufung als „Verdachtsfall“ klagte. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster ist noch nicht rechtskräftig. Bis zur Eilentscheidung kann der Verfassungsschutz die Partei nicht als gesichert extremistische Bestrebung beobachten. Als Verdachtsfall aber weiterhin. Derweil prüft Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die Veröffentlichung des Gutachtens zur Einstufung der AfD.„Ich werde dieses Gutachten nicht in den Schrank stellen“, so Dobrindt im ZDF. Es sei nicht ausschließlich mit öffentlichen Quellen, sondern auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln erstellt worden. |
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Der „Schwarze Kanal“ als Podcast FOCUS-Kolumnist Jan Fleischhauer und Moderatorin Carolin Blüchel widmen sich immer freitags den größten Aufregern der Woche. Fröhlich, unbestechlich und gnadenlos gerecht. Darum geht’s in der aktuellen Episode: The Hateful 18: Am Morgen sein Gewissen entdecken, am Nachmittag wieder drauf pfeifen. 1100 Seiten, wie verfassungsfeindlich die AfD angeblich ist, aber niemand darf sie sehen. Und: Neues aus der Sondergerichtszone Bamberg: Wie deutsche Staatsanwälte ihre Macht missbrauchen.
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| Hofft auf die erneute Förderung von E-Autos: IG-Metall-Chefin Christiane Benner, 57 (© Reuters) |
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IG Metall-Chefin Benner: Auch Beamte sollen in die Rentenkasse zahlen |
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Angesichts der schlechten finanziellen Lage der Rentenkassen will die IG Metall die Zahl der Beitragszahler deutlich erweitern. Auch Selbstständige und Beamte sollen demnach Beiträge leisten. Damit „könnte die Einnahmebasis verbessert werden“, sagte IG Metall-Chefin Christiane Benner dem FOCUS. Zugleich ermahnte sie die Bundesregierung: Die Lage bei vielen Unternehmen, gerade in der Automobil-Industrie, sei „dramatisch“. Es gehe um „zehntausende von ordentlichen Arbeitsplätzen“, sagte Benner, die Aufsichtsrätin bei VW und Continental ist. Oberste Priorität müsse nun die Senkung der Energiepreise für Wirtschaft und Haushalte haben. Außerdem sprach sich Benner erneut für eine Förderung von E-Autos aus. Vom „Hochlauf der Elektromobilität“ hänge ab, wie Autohersteller und -zulieferer „für die Zukunft gewappnet“ seien. Schließlich drängt die Gewerkschafterin auf die rasche Verabschiedung des Bundestariftreuegesetzes. „Das muss jetzt schnell kommen“, sagte sie dem FOCUS. Der Gesetzentwurf der Ampel kam wegen der Neuwahlen nicht mehr in den Bundestag. Nun will die schwarz-rote Koalition einen neuen Anlauf nehmen. So solle der Bund Aufträge künftig nur noch an Betriebe vergeben können, die tarifvertragliche Mindeststandards einhalten. Alleine 2022 lag das Auftragsvolumen des Bunds bei fast 38 Milliarden Euro. (utz)
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| Digital-Vorreiter: Bayerns Digitalminister Fabian Mehring, 36 (© Andreas Gebert) |
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Servus Amtsstube: Pass und Führerschein künftig nur noch online |
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Digital-Vorstoß des Freistaats Bayern: Führerschein und Pass sollen mittelfristig nur noch online bestellt werden können, die Amtsstuben sterben nach einer Übergangsfrist aus. Das ist der Kern des Aktionsprogramms, dass nach Vorschlag von Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) die Länderminister bei ihrem Treffen am kommenden Dienstag beschließen sollen. „Digital only“ lautet das Schlagwort. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Das heißt aber auch: Wenn der Reisepass online bestellt werden kann, soll er auch online bestellt werden, berichtet der FOCUS unter Berufung auf Mehring. Demnach wird ein Datum definiert, zu dem der analoge Doppelweg gekappt werden soll, um „Zug ins System zu bringen und echte digitale Dividende einzufahren“. Nur für Menschen, die daran komplett scheitern, solle es noch analoge Anlaufstellen geben. Bayerns Digitalminister sieht in der Maßnahme auch ein Mittel, um die Akzeptanz der Demokratie in der jungen Generation zu stärken: „Wer Deutschland als Land von Fax und Funkloch wahrnimmt, verliert die Achtung vor dem Staat.“ Eine dysfunktionale Verwaltung treibe die jungen Leute förmlich an die Ränder: Wie sollte die Politik auch erklären, warum sie ihr „DHL-Paket live am Handy verfolgen können, aber für den Gang zur Behörde einen Tag Urlaub brauchen?“, so Mehring. 81 Prozent der Deutschen würden Ausweisfragen laut Umfragen lieber online erledigen. Einer Studie des Ifo-Instituts zufolge wäre die Wirtschaftsleistung Deutschlands um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher, wenn die digitale Verwaltung auf dem Niveau von Dänemark läge. (mec) |
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3,0 Prozent: So stark hat die Industrie-Produktion im März gegenüber Februar zugelegt – der höchste Wert seit Oktober 2021. Volkswirte hatten lediglich ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Eine wirtschaftliche Wende bedeutet das aber nicht. Wegen der drohenden US-Zölle hatten sich zuletzt viele Importeure mit Autos, Maschinen und Pharmazeutika eingedeckt. Der Wert sei lediglich „ein leichtes Durchschnaufen, bevor der Zollhammer wirklich kommt“, so DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. |
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| Ein HI-Viruspartikel unterm Transmissions-Elektronenmikroskop: Medikamente können seine Bildung verhindern – und vielleicht auch die von Alzheimer (© Science Photo Library) |
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Schützt HIV-Mittel auch gegen Alzheimer? |
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Forschungsergebnisse der Universität Virginia legen nahe, das HIV-Medikamente auch Alzheimer vorbeugen könnten. Patienten, die sogenannte NRTIs (Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer) einnehmen, erkranken demnach deutlich seltener an der Gedächtnisstörung. Mehr als 24 Jahre lang analysierte das Team um Studienleiterin Jayakrishna Ambati das Alzheimerrisiko anhand von Datenbanken der zwei größten US-Krankenversicherungen: 270.000 darin enthaltene Patienten bekamen NRTIs. In einer Studie sank ihr Alzheimerrisiko mit jedem Einnahmejahr um 6 Prozent pro Jahr, in der anderen Studie um 13 Prozent. Den Erkenntnissen zufolge verhindern die NRTIs die Aktivierung von Inflammasomen, wichtigen Wirkstoffen unseres Immunsystems. Diese Proteine werden mit der Entstehung von Alzheimer in Verbindung gebracht. Schätzungen zufolge erkranken weltweit jährlich mehr als zehn Millionen Menschen an der tückischen Krankheit. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einnahme dieser Medikamente jährlich etwa eine Million neue Alzheimer-Fälle verhindern könnte“, sagt Ambati. |
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Gewinner: Heute Abend erhält Michael Ballack, 48, mal keinen Pokal, sondern den Europäischen Kulturpreis – in Chemnitz, der diesjährigen Kulturhauptstadt, wo seine Karriere begann. Der ehemalige Nationalspieler, so das Europäische Kulturforum, stehe für „Herkunft ohne Nostalgie, für Erfolg ohne Arroganz und für gesellschaftliche Verantwortung, die nicht aus Pflicht, sondern aus innerer Überzeugung erwächst“. Die Laudatio hält Reiner Calmund. | |
Verlierer: Der seit Januar amtierende Chef des US-Fitness-Spezialisten Peloton, Peter Stern, 52, hat ein schweres Erbe angetreten. Im abgelaufenen dritten Quartal des Geschäftsjahrs sanken die Erlöse um 13 Prozent auf 624 Millionen Dollar. Das dritte Minus in Folge. Investoren zogen die Reissleine: Mit minus 16 Prozent gehörte Aktie gestern zu den schwächsten US-Werten. | |
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Der neue FOCUS – ab heute im Handel: KI für Jedermann. Arbeit, Uni, Vermögen, Gesundheit: Wie die künstliche Intelligenz Ihr Leben einfacher macht Das Merz-Trauma. Was das Wahldrama für den neuen Kanzler, Deutschland und Europa bedeutet 75 Jahre Formel 1. Schumi, Lauda, Verstappen: die PS-Liebe der Deutschen
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… bleibt in diesen unsicheren Zeiten zumindest etwas stabil: die beliebtesten Babynamen der Republik. Der Gesellschaft für deutsche Sprache zufolge lagen 2024 bei Mädchen die Namen Sophia/Sofia, Emilia und Emma auf den ersten drei Plätzen. Identisch zum Vorjahr. Bei den Jungs waren Noah, Mat(h)eo/Matt(h)eo und Leon im zweiten Jahr infolge fest an der Spitze verankert. | | Haben die Spitzenposition der Babynamen erfolgreich verteidigt: Sofia und Noah | Einziger Neuzugang in den Top Ten: Theo – von elf auf sieben. Theo-retisch also ein Aufsteiger. Praktisch bald einer von vielen in jeder Kita-Gruppe. Am Montag begrüßt Sie hier wieder der zweihäufigste Baby-Boomer-Name Thomas – in Form meines charmanten Kollege Tuma. Ein schönes Wochenende und herzliche Grüße | | Tanit Koch |
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