Migration bleibt Streit-Thema bei Schwarz-Rot
● Zurückweisungen: SPD und Union uneins |
● Audi: Betriebsrat will „Rambazamba“ |
● Verdi: Warnstreiks ausgeweitet |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, wer im US-Präsidenten einen eiskalten Deal-Maker sieht, der könnte gewisse Trump-Anleihen bald bei den Grünen entdecken. Das Zauberwort heißt „transactional“. Anders ausgedrückt: Nehmen ist mindestens so selig wie Geben. Über den grünen Finanz-Poker würde Trump wohl sagen: „They have the cards“ – sie haben ein gutes Blatt. Ausreizen sollten sie es nicht: Denn bei diesem Poker geht es nicht um „Spielgeld“, wie die Grünen gestern Schwarz-Rot vorwarfen, sondern um bombastische Schulden. Dabei kommen Union und SPD, die ihre hochpreisige Koalitions-Agenda erst noch finanzieren müssen, nicht an den Grünen vorbei. Die wiederum fallen nicht vor staatspolitischer Verantwortung auf die Knie, bloß weil der Söder Markus für 48 Stunden seine Frontal-Attacken aussetzt. Zugegeben, auch im FOCUS Briefing lästern wir gern gegen Übergrünung. Nur brauchen wir auch niemanden für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Die Union schon. Dennoch badete Bayerns Ministerpräsident beim Politischen Aschermittwoch (ja, da war der Wahlkampf längst vorbei) lieber im Festsaal-Jubel („Grün ist raus. Goodbye, gute Reise, auf Nimmerwiedersehen!“), als rhetorisch Rücksicht zu nehmen. Er muss die Grünen schließlich nicht ins Schulden-Boot holen. Sondern der Merz. Passt scho’, sagt Söder. Schau’n mer mal, denken die Grünen. |
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| Hier erzählt die Grüne Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann, dass Friedrich Merz irgendwas mit Klima auf ihrer Mailbox hinterlassen hat (© dpa) |
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In der Fraktionssitzung gestern musste der CSU-Chef sich vorwerfen lassen, seine verbale Kraftmeierei habe die grünen Mehrheitsbeschaffer verprellt. Ein Unions-Vertreter formulierte es mir gegenüber so: „Es würde sich auszahlen, wenn da jetzt Leute verhandelten, die auch verhandeln können und nicht nur draufhauen” – oder auf fremder Leute Mailboxen quatschen, ließe sich ergänzen. Doch was Friedrich Merz der grünen Fraktions-Chefin Britta Haßelmann an konkretem Klima-Gesäusel auf Band gesprochen hat, während sie am Samstag – was sonst? – durch den Wald spazierte, entzieht sich meiner Kenntnis. Bei den Grünen kam es aber nur so mittelprächtig an. Deren Fraktion und die Ländervertreter haben nun zwei Möglichkeiten. Erstens: In die Lindner-Rolle des fiskalpolitischen Gewissens zu schlüpfen und vorerst nur für die erweiterten Verteidigungsschulden zu stimmen (dazu legten die Grünen gestern einen Gesetzentwurf vor). Zweitens: In ihrer Öko-Rolle zu verharren und die schwarz-roten Infrastruktur-Milliarden so grün wie möglich zu färben. Billiger würde es dadurch nicht, die Wahlgeschenke würden nur an eine grüne Klientel umverteilt. Doch warum sollten sie anders handeln als Söder? „Wir sind treue Partner, aber auch teure Partner. Von nichts kommt nichts“, sagte der gerade erst über die CSU. Der 90-Minuten-Besuch von Merz, Klingbeil und Dobrindt bei den Grünen gestern Abend brachte noch keinen Durchbruch. Doch anders als AfD und Linke, die vors Bundesverfassungsgericht ziehen, geben sich die Grünen gesprächsbereit. Was glauben Sie: Stimmen sie am Ende zu? Schreiben Sie an: feedback@focus-magazin.de |
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US-Außenminister Marco Rubio gibt sich mit Blick auf die für heute in Saudi-Arabien geplanten Gespräche zwischen den USA und der Ukraine optimistisch: „Wir würden nicht kommen, wenn wir es nicht wären“, sagte er in Dschidda. Wenn die Gespräche gut liefen, könnte die Ukraine auf mehr US-Hilfe setzen. Geheimdienstinformationen für defensive Zwecke erhielten sie bereits wieder. Er schloss ein informelles Treffen mit Präsident Selenskyj nicht aus. Das deutsche Havariekommando hat ein Mehrzweckschiff mit 20 Menschen an Bord entsendet, um nach dem Zusammenstoß zweier Schiffe nahe der britischen Nordseeküste die Löscharbeiten zu unterstützen. Die „Mellum" sei mit Technik zur Brandbekämpfung sowie zur Aufnahme von Öl ausgerüstet. Zudem soll heute ein Flugzeug vom Typ DO 228 abheben, wenn das Wetter mitspielt. Die leistungsstarken Kameras und Sensoren an Bord könnten helfen, Schadstoffe im Wasser zu finden. | |
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| Die SPD-Spitze gestern mit Noch-Kanzler Olaf Scholz: Er stehe „mit Rat zur Seite“, wenn er gefragt werde, so sein Sprecher (© dpa) |
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Schwarz-Rot: Migration bleibt Streitthema |
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Der Streit um eine Wende in der Migrationspolitik brodelt zwischen den möglichen Koalitionspartnern trotz erfolgreicher Sondierungen weiter. Verschiedene Unions-Politiker hatten erklärt, man werde Asylbewerber notfalls im Alleingang an den Landgrenzen zurückweisen – auch gegen den Willen europäischer Nachbarländer. Im Sondierungspapier stünde nur „in Abstimmung” mit den EU-Nachbarn und nicht „nach Zustimmung“. Prompter Widerspruch von SPD-Co-Chefin Saskia Esken: „Wir haben was anderes vereinbart, und dabei bleiben wir auch.” Die Union solle nicht „mit dem Kopf durch die Wand“. Co-Chef Klingbeil verwies wiederum auf den Wortlaut des Sondierungspapiers. Doch Ärger bahnt sich auch an anderer Stelle an: In der SPD-Fraktion gab es gestern Kritik an der Einigung zum Staatsbürgerschaftsrecht. Demnach soll verfassungsrechtlich geprüft werden, ob Terrorunterstützern, Extremisten und Antisemiten der deutsche Pass entzogen werden kann, sofern sie eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen. Im linken Flügel der SPD wird die Signalwirkung dieser Pläne als „rassistisch“ eingeschätzt,erfuhr FOCUS. Auch Juso-Chef Philipp Türmer äußerte im „stern“ Kritik. Für ihn seien derart menschenrechtswidrige Verschärfungen untragbar. (jcw) |
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| Zieht sein Programm durch: CDU-Chef Friedrich Merz bei der Fraktionssitzung gestern (© dpa) |
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„Schwerer Fehler“: Weiter CDU-Kritik an CDU-Schuldenplänen |
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Die von Union und SPD geplanten Grundgesetzänderungen zwecks Sondervermögen für Infrastrukturprojekte (500 Milliarden Euro) sowie zur Lockerung der Schuldenbremse bei Verteidigungsausgaben stoßen auch in Teilen der Unionsfraktion auf Kritik. „Es ist höchst fragwürdig, dass ein solches Mammutprojekt noch mit dem alten Bundestag durchgedrückt werden soll“, so die ausscheidende CDU-Bundestagsabgeordnete Katja Leikert zum FOCUS. Auch sie wird an den Grundgesetz-Abstimmungen teilnehmen können, wendet jedoch ein: „Mein politisches Mandat basiert auf dem Versprechen einer soliden Finanzpolitik – und diese massive Staatsverschuldung ist genau das Gegenteil.“ Sie halte „diesen Kurs für einen schweren Fehler, weil er notwendige Strukturreformen auf Jahre hinaus vertagt.” Nach Angaben von Teilnehmern war bei der Fraktionssitzung gestern nur vereinzelt Kritik zu hören, einige Unions-Abgeordnete hätten allerdings gar nicht erst teilgenommen. Unterdessen kündigte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann an, mit der SPD ab Donnerstag in 16 Verhandlungsgruppen einen Koalitionsvertrag auszuarbeiten. Jede dieser Gruppen besteht dem Vernehmen nach aus sieben SPD-Verhandlern, sechs von CDU und drei von CSU. Insgesamt sollen 256 Verhandler binnen zehn Tagen den Koalitionsvertrag ausarbeiten. (rub) |
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| In Ingolstadt sollen ab 2028 nur noch Elektroautos produziert werden (© AUDI AG) |
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Audi: Widerstand gegen „Liste des Grauens“ |
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Im Konflikt um Sparprogramm und Stellenabbau bei Audi hat der Betriebsrat massiven Widerstand angekündigt. „Wenn das Unternehmen nicht zeitnah einlenkt, gibt es Rambazamba, notfalls auch in der Friedenspflicht“, so Betriebsratschef Jörg Schlagbauer zum FOCUS. Entsprechende „Planungen laufen“. Konzernchef Gernot Döllner muss nach mehreren verschobenen Produktanläufen und dem jüngsten Absatzeinbruch die Kosten zusammenstreichen. Beim Material wolle er bis 2030 acht Milliarden Euro sparen, beim Personal „deutlich über eine Milliarde Euro“, heißt es aus informierten Kreisen. Mittelfristig könnten „rund 9000 Stellen“ wegfallen, ein Drittel davon in der Technischen Entwicklung. Audi will laut IG Metall auch die Tarifentgelte senken, die Erfolgsbeteiligung radikal kürzen, Zuschläge streichen und Bereiche wie Kantine oder Instandhaltung auslagern. Man werde sich gegen die „Liste des Grauens“ entschieden zur Wehr setzen, so Schlagbauer. Der Betriebsratschef fordert ein zusätzliches Modell für Ingolstadt: „Ohne eine konkrete Zusage für ein weiteres Verbrennermodell werden wir keine neue Grundsatzvereinbarung mit dem Unternehmen schließen.“ (utz) |
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| Warnstreiks legten gestern den Flugverkehr in ganz Deutschland lahm – weitere werden folgen (© dpa) |
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Warnstreiks: So nervig wird der Rest der Woche |
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Die Streikwelle geht weiter: Nachdem Verdi gestern den Flugverkehr bundesweit lahmlegte, folgen heute in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, morgen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und Donnerstag in Niedersachsen und Bayern weitere Warnstreiks im öffentlichen Dienst. „Die öffentlichen Arbeitgeber sollten wissen, dass wir durchsetzungsfähig sind.“, sagte Gewerkschaftschef Frank Werneke zu den „zentralen Streiktagen“. Betroffen sind alle Bereiche des öffentlichen Dienstes, also Müllabfuhr und Stadtwerke, aber auch Kitas, Kliniken und regionaler Nahverkehr. Die nächste Runde der Tarifgespräche findet am Freitag statt. Die Gewerkschaft fordert eine Gehaltserhöhung von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat. Außerdem höhere Zuschläge für Schichtarbeit, drei weitere freie Tage und ein Zeit-Konto für flexiblere Arbeitszeiten. Von Streiks betroffene Fluggäste sollten über die Verbraucher-Zentrale prüfen, ob sie Anspruch auf Entschädigung haben. Dafür müsste der Auslöser des Flugausfalls im „Risikobereich“ der Airline liegen – streikende Angestellte der Fluggesellschaft zum Beispiel. Streiken hingegen Flughafenmitarbeiter, gehen Passagiere leer aus. |
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2,0 Prozent plus im Januar – die Produktion in Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes legte im Monatsvergleich überraschend zu. Grund: Zuwächse in der Automobilindustrie (plus 6,4 Prozent gegenüber Dezember) und Nahrungsmittelbranche. Leider kein Grund zur Entwarnung: Industriebetriebe verzeichneten zuletzt 7,0 Prozent weniger Bestellungen, der stärkste Rückschlag seit einem Jahr. |
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| Fleisch aus der Petrischale: Aus winzigen Zellen wird tierisches Gewebe gezüchtet – in britischen Supermärkten soll es deutlich schneller erhältlich sein als bei uns (© imago) |
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Briten wollen Laborfleisch schneller zulassen |
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Im Labor hergestellte Fleisch- und Milchprodukte könnten im Vereinigten Königreich bereits in zwei Jahren zum ersten Mal für den menschlichen Verzehr verkauft werden – früher als erwartet. Die Food Standards Agency (FSA) prüfe derzeit, wie sie das Zulassungsverfahren beschleunigen könne, berichtet die BBC. Das sogenannte In-Vitro-Fleisch wird hergestellt, indem Stammzellen aus tierischem Muskelgewebe gewonnen und mittels Nährmedium (Zucker, Mineralien, Aminosäuren, Vitamine und Wachstumsseren) in einem Behälter (Bioreaktor) vermehrt werden. Die Zellen wachsen dann, meist über ein Trägergerüst aus Kollagen, zu einer Masse sehr dünner Fleischschichten zusammen – ähnlich dem Hackfleisch. Großbritannien wäre das erste Land Europas, das Fleisch aus so einem Bioreaktor als Lebensmittel auf den Markt bringt. Singapur hatte bereits 2020 eine Genehmigung erteilt, gefolgt von den USA und Israel im vergangenen Jahr. Italien und die US-Bundesstaaten Alabama und Florida haben dagegen bereits Verbote erlassen. Deutschland dürfte erst zwischen 2035 und 2040 mit eigenständigen Produkten rechnen, schätzt Monika Röntgen vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Mecklenburg-Vorpommern. Hürden für eine frühere Marktreife sind die hohen Kosten für die Nährmedien und die komplizierten Zulassungsverfahren in der EU. |
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Gewinner: Der britische König Charles III., 76, teilt seine Freude an Musik mit der ganzen Welt. Und auf der royalen (gestern bei Apple Music veröffentlichten) Playlist zum „Commonwealth Day“ stehen nicht etwa Händel oder Elgar, sondern Bob Marley, Kylie Minogue, Diana Ross, Miriam Makeba und Beyoncé. Bei den Klängen des Ross-Songs „Upside Down“, so der Monarch, habe er als junger Mann immer sofort lostanzen müssen: „Ich frage mich, ob es mir gerade noch gelingt.“ Ganz bestimmt. | |
Verlierer: Wenn Rumänien im Mai einen Präsidenten wählt, darf er nicht antreten. Die Wahlkommission hat Calin Georgescu, 62, ausgeschlossen. Der kremlfreundliche Rechtsradikale hatte den ersten Wahldurchgang im November 2024 überraschend gewonnen. Doch das Verfassungsgericht erklärte die Abstimmung wegen russischer Einmischung für ungültig. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft, unter anderem wegen Falschangaben zur Wahlkampffinanzierung und der Gründung einer antisemitischen Organisation. Georgescu bestreitet dies. | |
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… glauben Hundebesitzer oft, sie verstünden ihren Zwergpudel, Labrador oder Schäferhund blendend, auch ohne seine Sprache zu sprechen. Ein Forschungsteam der Arizona State University hat deshalb die menschliche Wahrnehmung von Hundegefühlen in Experimenten untersucht. Die Probanden bewerteten dabei anhand von Videoaufnahmen, wie glücklich und aufgeregt die Hunde waren – und lagen meist falsch. | | Was will Bob seinem Frauchen, der FOCUS-Wissenschaftsredakteurin Sonja Fröhlich, mit diesem Blick wohl sagen? Unser Tipp: „Wo bleibt das Leckerli?“ (© XXX) | Forscher-Fazit: „Unsere Hunde versuchen, mit uns zu kommunizieren, aber wir Menschen scheinen entschlossen zu sein, alles zu sehen, nur nicht den Hund selbst.“ Zu Missverständnissen trage unter anderem die Projektion der eigenen, menschlichen Gefühle aufs Haustier bei, als Form der Anthropomorphisierung. Vielleicht können Sie dieses sieben-silbige Angeberwort ja Ihrem Vierbeiner beibringen. Loriot lässt grüßen und ich erst recht. Herzlich | | Tanit Koch |
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