Der wöchentliche Überblick zur Lage in den USA
| Was jetzt, America? | Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl | |
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von Amrai Coen US-Korrespondentin Büro Washington, DIE ZEIT |
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Good morning! In New York wird der mutmaßliche Mörder eines Versicherungsmanagers als Held gefeiert. Der schockierende Fall zeigt die Wut vieler Amerikaner auf ihr Gesundheitssystem. Die US-Expertinnen fassen für Sie die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge 22 erreicht Sie aus Washington, D.C. |
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38 Tage bis zur Amtseinführung |
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Vergangene Woche wurde Brian Thompson, Chef des US-Versicherungskonzerns UnitedHealthcare, auf offener Straße in New York ermordet. Am Tatort fanden die Ermittler Patronenhülsen, auf denen unter anderem „deny“ und „delay“ stand, "ablehnen" und "hinauszögern" (meine Kollegin Heike Buchter schrieb über den Fall). Recht schnell schien die Botschaft dahinter klar: Eine Kritik an der Taktik der Krankenversicherer, medizinische Behandlungen abzulehnen und zu verzögern. Und noch bevor der Täter gefasst war, wurde er im Netz schon teilweise als Held gefeiert – für seinen Hass auf die Versicherer, die Profit über Gesundheitsversorgung stellten. |
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Der Versicherungsmanager Brian Thompson wurde diese Woche im engsten Familienkreis beerdigt. Und immer weitere Details über den Mord werden nun bekannt. Der öffentliche Fokus liegt auf dem mutmaßlichen Mörder: Luigi M., 26 Jahre alt, wurde fünf Tage nach der Tat in einem McDonald's in Pennsylvania festgenommen. Er stammt aus einer reichen und bekannten Familie, besuchte eine Eliteschule und die Universität von Pennsylvania. In den vergangenen Monaten hatte er den Kontakt zu seiner Familie und seinen Freunden abgebrochen. Bei seiner Verhaftung fanden die Behörden eine handschriftliche Notiz, in der M. die Verantwortung für den Mord übernimmt. |
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Natürlich rechtfertigt der Hass auf die Gesundheitsversicherer keinen Mord. Dass der mutmaßliche Täter nun aber Sympathien im Netz erhält, liegt auch daran, dass viele Amerikaner mit ihrer Gesundheitsversorgung mehr als unzufrieden sind. UnitedHealthcare ist einer der größten Krankenversicherer der USA, fast 30 Millionen Amerikaner sind dort versichert. Im Netz berichten Menschen nun von ihren eigenen Erfahrungen mit UnitedHealthcare – von abgelehnten Krebsbehandlungen und verweigerten Operationen. |
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Ich selbst lag letztes Jahr nach einem Unfall länger in einem US-Krankenhaus – und lernte die Absurdität des amerikanischen Gesundheits- und Versicherungssystems kennen. Zum Beispiel bekam ich nach meinem Aufenthalt eine Rechnung über mehrere Hunderttausend Dollar zugeschickt. Diese Geschichten begegnen mir hier im Alltag immer wieder: Menschen, die Hunderttausende Dollar Schulden haben, weil sie einen Unfall hatten, weil ihr Kind krank auf die Welt kam, weil sie selbst an einer chronischen Krankheit leiden. Der zunehmende Hass auf das System macht mir Sorgen. |
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Haben Sie trotzdem ein schönes Wochenende. |
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Meine drei Texte der Woche |
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Sie handeln von Angst, Zuversicht und ungewohnten Realitäten. |
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Ich fürchte mich | | "Mein nächster Präsident Donald Trump verkörpert eine riskante politische Idee", schreibt unsere Gastautorin Siri Hustvedt: Man glaube an gar nichts, außer an die Zerstörung. → Zum Artikel |
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"Trump wird so weit gehen wie möglich" | | Harvard-Professor Daniel Ziblatt erforscht, "wie Demokratien sterben". Donald Trump werde viel Schaden anrichten, sagt er im Gespräch mit meiner Kollegin Anna Sauerbrey. So schlimm wie anderen Ländern werde es aber nicht. → Zum Artikel |
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Wer sagt denn sowas? | "My lawyer received a blackmail attempt" | | | |
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In dieser Folge von OK, America? diskutieren meine Kollegen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer darüber, welche Rolle die USA für die Zukunft von Syrien spielen könnte. Und hier hören Sie unseren Rückblick Vier Jahre Trump in 48 Episoden. |
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Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat. |
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| © Jose Luis Gonzalez/Getty Images |
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"Luis Gonzalez hat Antonela fotografiert: eine hochschwangere Venezolanerin, die kurz vor der Geburt ihres Kindes noch die Vereinigten Staaten erreichen will. Auf dem Bild ruht sie sich nahe dem Fluss Rio Bravo an der Grenze zwischen Mexiko und den USA aus. Die Verfassung der Vereinigten Staaten garantiert, dass jedes Kind, das 'innerhalb der Gerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten' geboren wird, automatisch US-amerikanischer Staatsbürger ist – unabhängig vom Einwanderungs- oder Staatsbürgerschaftsstatus der Eltern. Antonela und viele andere Migranten machen sich gerade vermutlich große Sorgen, dass Trump nach seiner Amtseinführung im Januar dieses Recht abschaffen und die im Land befindlichen illegalen Einwanderer abschieben wird. Ob Antonela es noch vor der Entbindung in die USA geschafft hat, wissen wir nicht." |
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Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben? |
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Diese Geschichte in The Bitter Southener über einen schwarzen Farmer in North Carolina, der die Plantage kaufte, auf der seine Vorfahren einst als Sklaven arbeiteten. |
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Diese Rezension in der New York Review of Books über eine Frau, die mit 16 Jahren zum Tode verurteilt wurde. |
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Diesen Essay im Atlantic über die Notwendigkeit, eine neue Definition dafür zu finden, was "Altsein" bedeutet. |
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Das war die 22. Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur US-Politik 2024. Sie erscheint jeden Freitag zusätzlich zum Morgenüberblick und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Katharina Meyer zu Eppendorf, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. |
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