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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 10.09.2019 | Weniger verregnet als gestern, dafür windig. Nachmittags heiter bei bis zu 19 °C. | ||
+ SUV-Unfall offenbart Berlins fahrige Verkehrspolitik + Berlin hat keinen Überblick über die neuen Radwege + Berlins Wirtschaft brummt + |
von Robert Ide |
Guten Morgen, das ist wieder so ein Tag. Wieder so ein Morgen, an dem man die Verkehrswende in zu kurzen U-Bahnen und zu vollen S-Bahnen erleben kann (ab heute verstärkt durch den auf der Stadtbahn unterbrochenen Regionalverkehr). Wieder so ein Tag, auf dem man sich auf zu engen Radwegen nicht sicher sein darf, nicht doch von einem Zweiten-Reihe-Parker oder einem rechtsabbiegenden Lkw in einen wahrhaft toten Winkel abgedrängt zu werden. Wieder so ein Abend, bei dem man selbst auf dem Bürgersteig von einer rasenden gepanzerten Maschine um sein Leben gebracht werden könnte. Der plötzliche Tod von vier Fußgängern beim dramatischen Unfall in der Invalidenstraße, ausgelöst durch einen zu schnellen SUV, hat die Stadt zu Nachdenken gebracht – darüber, wie viel Blechmasse wir noch durch unsere Straßen hin- und herschieben wollen. Darüber, ob die „rücksichtslose Mobilität in der Ego-Kapsel“ (Jutta Maier im Tagesspiegel) nicht wenigstens teurer werden muss – auch wenn als Unfallursache ein epileptischer Anfall des Fahrers stärker in Betracht kommt und die Polizei weiter nach Unfallzeugen zur Aufklärung sucht. Unabhängig davon zeigt der Fall dieses Unfalls aber, warum Berlin sich so schwertut, Stadtverkehr in geregeltere Bahnen zu lenken. Selbst an der schrecklichen Unfallstelle. Einen ganzen Montag lang brauchte es, um an der gefährlichen Kreuzung Invalidenstraße Ecke Ackerstraße eine Behelfsampel zu installieren, nachdem der Unfallwagen die bisherige Lichtmastanlage zerstört hatte. Die Ämter hatten derweil alle verfügbaren Hände voll zu tun, um sich gegenseitig die Verantwortung für die fahrige Verkehrspolitik zuzuschieben. Unser Leser Wolf-Dietrich Braun schrieb am Montagvormittag folgende Mail an Mittes Bezirksbürgermeister: „Sehr geehrter Herr von Dassel, natürlich kenne auch ich die genaue Ursache des Unfalls in der Invalidenstraße noch nicht. Allerdings kenne ich die Kreuzung seit langem und wir als Familie haben sie schon seit längerem als gefährlich eingestuft. Nun, ohne funktionierende Ampel, ist die Kreuzung noch gefährlicher geworden als sie es vorher schon war. Daher mein dringender Appell, dass Sie die maximal zulässige Geschwindigkeit kurzfristig auf 30 km/h reduzieren. Zudem bin ich dringend dafür, dass dort eine vollwertige Ampel installiert wird (und nicht lediglich wieder eine Fußgängerampel). Beste Grüße!“ Die Antwort aus dem Büro des Bezirksbürgermeisters kam so prompt wie pampig: „Sehr geehrter Herr Braun, da sich der Bezirksbürgermeister von Dassel derzeit im Urlaub befindet, möchte ich Ihnen in aller Kürze antworten. Bezüglich der gewünschten Ampelinstallation und der Geschwindigkeitsreduzierung in der Invalidenstraße ist das Bezirksamt leider nicht zuständig. Für Ampeln ist allein die VLB (Verkehrslenkung Berlin), also Sen UVK (Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz) zuständig. Die Zuständigkeit für die Anordnung von sog. Lichtsignalanlagen und die Änderung von Ampelschaltungen liegt bei der Verkehrslenkung Berlin. Dem beigefügtem Link sind weitere Informationen zu entnehmen. Mit freundlichen Grüßen!“ Das ist wieder so ein Tag. | ||||
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„Ach Ben, Ben, wo bist Du vor einem Jahr gewesen, wo vor drei Jahren? Welche Straßen bist Du gegangen, in welchen Flüssen hast Du gebadet, mit welchen Frauen hast Du geschlafen? Wiederholst Du nur eine geübte Geste, wenn Du mein Ohr küßt oder die Armbeuge?“ So rasant wie ein reißender Strom beginnt „Franziska Linkerhand“, der ungealterte und doch unvollendete Roman der DDR-Schriftstellerin Brigitte Reimann. In jeder Zeile, fast schon leichtsinnigerweise von der Staatsführung 1974 postum zur Veröffentlichung freigegeben, war hier Leidenschaft zum Leben zu lesen, und hinter vielen Buchstaben viel Kritik herauszuhören am halben Deutschland, dass weder demokratisch noch eine Republik war und 1989 endlich über sich selbst fiel. Da war Brigitte Reimann längst schon zu früh gestorben. Doch ihre Texte leben weiter, wie auch sonst eine Menge DDR-Literatur das Land ihres Entstehens überdauert hat – mit feinen Beobachtungen, die die Revolution oft vorwegnahmen. Aus solch freien Stücken lesen am Donnerstagabend im Schloss Schönhausen, dem einstigen Gästequartier der DDR-Führung, Schriftstellerinnen wie Daniela Dahn und Franziska Hauser. Auch Winfried Völlger und Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) sind beim musikalisch-literarischen Abend dabei, mit dem das Bezirksamt und der Tagesspiegel ein weiteres Mal gemeinsam „Geschichte von unten“ erzählen wollen. Ich selbst darf dabei aus Brigitte Reimanns Liebesroman vorlesen. Der Eintritt ist frei, aber frei sind auch nur noch wenige Plätze. Für Checkpoint-Leser verlosen wir fünf mal zwei Platzkarten – einfach per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de. Wir freuen uns auf Sie – und auf einen reißenden Strom an Worten, die man am besten zwischen den Zeilen zu fassen bekam. | ||||
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Schwarz ärgern tut sich nicht nur die Wirtschaft über Schwarzarbeit. Erst recht nicht, wenn sie vom Bezirksamt Reinickendorf schwarz auf weiß gefördert wird. 90 Millionen Euro hoch ist der Schaden, der laut der Finanzkontrolle Schwarzarbeit im vergangenen Jahr durch illegale Beschäftigung in Berlin entstanden ist. Besonders oft betrogen wird am Bau, in Restaurants, im Transportgewerbe und bei der Reinigung. Nicolae Caraus, 39, kam aus Moldawien, um in Berlin im Sommer Schulen zu putzen - Arbeiten, die das Bezirksamt Reinickendorf ausgeschrieben hatte. Tagsüber schrubbte er, nachts schlief er in einem heruntergekommenen Haus in Brandenburg. Geld verdiente er nicht, Caraus landete auf der Straße und dann in einer Flüchtlingsunterkunft. Seine Geschichte hat er Ann-Kathrin Hipp und Julius Betschka erzählt – nachzulesen hier. Danach fällt es schwer, die Welt nicht so schwarz zu sehen wie sie manchmal doch ist. | ||||
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Klar, die D-Mark war am Ende eine Währung auf Bewährung. Aber nun schlägt der T-Euro selbst bei „dm“ zu. Der beliebte Drogeriediscounter hat in den letzten drei Wochen heimlich, still und gar nicht weise die Preise von mehr als 1000 Produkten erhöht – insbesondere im Onlineshop haben sich die Rechnungen für Waschmittel und Seife ordentlich gewaschen (via „Lebensmittelzeitung“ und dann auch „Wirtschaftswoche“). „Wir haben uns dazu entschieden, unsere Preisstrategie stationär und online neu auszurichten“, lässt Konzernchef Erich Harsch seifig wissen. Für welche Filialen welche Preise gelten, bleibt allerdings klar wie Waschmaschinenbrühe. Hier sollte der Konzern auf jeden Fall bald Rossmann und Reiter nennen. | ||||
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Und damit schalten wir um zur allseits unbeliebten Serie: Kann Annegret Kramp-Karrenbauer Kanzlerin werden? Hören wir doch mal rein, was die Selbstverteidigungsministerin zu folgender Zuschauerfrage der ARD zu sagen hat: „Warum werden die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer?“ Antwort der CDU-Chefin: „Das ist zumindest gefühlt so, nicht jede Statistik gibt das her. Ich würde mir als CDU-Vorsitzende wünschen, und das ist auch Ansatz unserer Politik, dass wir mehr Menschen in Deutschland in die Lage versetzen, selbst Eigentum zu bilden – zum Beispiel insbesondere Wohneigentum. Denn wenn man das mit anderen Ländern in Europa vergleicht, haben wir eigentlich eine relativ geringe Quote von Eigenheimbesitzern. Ich würde mir wünschen, dass es wesentlich mehr werden.“ Armut in Deutschland – offenbar ein bloßes Immobilienproblem. Haste mal ‘ne Wohnung? | ||||
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Frühmorgens schon wissen, worüber am Tage diskutiert wird? Tagsüber lesen, wo man abends hingehen kann? Täglich guten Berlin-Journalismus unterstützen? Dann am besten voll und ganz beim Checkpoint einchecken. Heute erfahren Sie etwa exklusiv, wie wenig Überblick die Verkehrsverwaltung über neue Radwege hat – und wie gut es der Berliner Wirtschaft geht. Außerdem: Welche Streckensperrung Fern- und Regionalzüge in den nächsten vier Woche blockiert und im Stadtleben: Wo Sie das besondere Möbelstück finden, den Klang Berlins besonders nah erfahren und an einer Séance mit Höhepunkten philosophischen Glücks teilnehmen. Testen Sie gratis unser Abo – 60 Tage lang. Hier geht’s mit links zum Anmeldelink. Man liest sich und wir grüßen Sie! | ||||
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