Liebe Frau Do, was die Parkplatzsituation angeht, lassen sich die Städte in Nordrhein-Westfalen nach meinem Eindruck in drei Klassen einteilen: schlimm, sehr schlimm und katastrophal. Besonders in dicht besiedelten Altbauvierteln ist es kein Vergnügen, abends nach Hause zu kommen und festzustellen, dass die Nachbarn offenbar schon früh Feierabend oder ihr Auto schlauerweise gar nicht erst benutzt hatten. Erfahrungsgemäß parken Menschen, die keinen Parkplatz finden, am Ende aber doch; und zwar dort, wo man ein Auto zwar abstellen kann, aber meist aus gutem Grund nicht darf. Mein Kollege Christian Schwerdtfeger hat sich mit dem Parkplatz-Notstand beschäftigt und ist auf zwei Entwicklungen gestoßen, von denen eine auf jeden Fall erschreckend ist: Ordnungsämtler, die Knöllchen verteilen, werden immer öfter beschimpft, beleidigt und bedroht, berichten die Städte. Und manchmal wird es sogar handgreiflich: Allein in Dortmund gab es im vergangenen Jahr zwölf Angriffe gegen Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung. Bei der anderen Entwicklung bin ich mir nicht so sicher, wie ich sie finden soll: Immer mehr Bürger übernehmen mittlerweile die Arbeit der Politessen und melden Falschparker. In Köln waren es im vergangenen Jahr 29.000, in Düsseldorf 11.500. Manche Kommune hat dieses Phänomen als zusätzliche Einnahmequelle entdeckt und bietet entsprechende Formulare im Internet an, Mönchengladbach sogar eine App, mit der man Falschparker melden kann. Klingt für mich ein bisschen nach Blockwart oder Hilfssheriff und eher unsympathisch. Andererseits kann ich durchaus verstehen, wenn jemand nicht tatenlos zusehen will, wie wieder einmal eine Feuerwehr-Zufahrt, ein Behinderten-Parkplatz oder die eigene Garage von einem Autofahrer blockiert wird, der „nur mal schnell was Dringendes erledigen muss“. Gelegentlich kann man bei der Lektüre des Sportteils der Rheinischen Post denken, dass es sich nur dann um Sport handelt, wenn 22 junge Männer mit oder ohne Migrationshintergrund einen Ball über einen Rasenplatz befördern – vorzugsweise mit dem Fuß. Ganz falsch ist der Eindruck nicht, wir berichten weitaus mehr über Fußball als über jede andere Sportart. Das ist auch kein Wunder in einer Region mit mehreren (gelegentlich auch wechselnden) Bundesligavereinen und Millionen sehr aktiven Fans. Trotzdem freue ich mich, wenn es auch mal andere Sportarten nach vorn schaffen – wie etwa das berühmte Reitturnier CHIO in Aachen. Stefan Klüttermann schreibt über die Achterbahnfahrt der Dressurreiter-Legende Isabell Werth; nach einem kleinen Durchhänger am vergangenen Donnerstag konnte sie die Wettkampf-Woche doch noch mit einem grandiosen Erfolg abschließen. Natürlich berichten wir trotzdem über Fußball, dafür sorgt schon Mesut Özil, der deutsche Ex-Nationalspieler mit Migrationshintergrund, der auch mehr als zwei Monate danach nicht verstanden hat, warum viele Menschen sein Foto mit dem türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdogan so verstört hat. Ich hoffe sehr, dass das Thema „strukturelle Benachteiligung von Frauen“ irgendwann mal keines mehr sein wird, weil es keine strukturelle Benachteiligung mehr gibt. Leider ist es noch nicht so weit: Eine aktuelle Studie im Auftrag der NRW-Regierung zeigt, dass Frauen im mündlichen Jura-Examen bei gleichen Vornoten aus der schriftlichen Prüfung im Vergleich zu männlichen Kandidaten schlechter abschnitten und seltener das begehrte Prädikatsexamen erhielten. Na ja, könnte man sagen, kann doch sein, dass die Jungs mündlich einfach besser sind als die Mädchen. Das könnte sein, ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Doch was die Studie noch herausfand: Den Unterschied gab es nur bei rein männlich besetzten Prüfungskommissionen – sobald eine einzige Frau unter den Prüfern war, verschwand der Unterschied. Leider sind 65 Prozent der Kommissionen rein männlich besetzt. Beschämend. Kirsten Bialdiga hat die Studie analysiert und noch weitere erschreckende Erkenntnisse gewonnen. Viel Spaß bei der Lektüre, Ihr Stefan Weigel Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |