Europa bleibt außen- und sicherheitspolitisch gefordert. In unserem aktuellen Morning Briefing ziehen wir nach 70 Tagen eine erste Bilanz der Politik von Friedrich Merz: Welche Prioritäten haben der „Außenkanzler“ und sein Regierungsteam bisher gesetzt und wo steht Deutschland international? Im IP-Webtalk mit dem Sicherheitsexperten Frank Sauer werden über Europas Selbstverteidigung sprechen und darüber, was es jetzt braucht, um glaubwürdige Abschreckung zu leisten. In seiner Publikation beleuchtet Valentin Weber diese Woche unter anderem die Rolle westlicher Staaten beim Thema Cybersicherheit: Warum der neue „Globale Mechanismus“ der UN klare und engagierte Positionen braucht, erklärt er in seinem Memo. Außerdem: Loyle Campbell und John Austin analysieren, wie grüne Industriepolitik zur geopolitischen Resilienz beitragen kann. Und: Sophie Meiners und Svenja Niederfranke ziehen eine kritische Bilanz nach zwei Jahren Migrationsdeal zwischen der EU und Tunesien. Wir wünschen eine gute Lektüre! Internationale Cybersicherheit: Den Globalen Mechanismus der UN strategisch nutzen von Valentin Weber, Senior Research Fellow im Zentrum für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie Worum es geht: Letzte Woche wurde die UN-Arbeitsgruppe zu Cybersicherheit, die Open-ended Working Group (OEWG), nach fünf Jahren in New York abgeschlossen. Ziel der OEWG war es, Initiativen zu prüfen, die die Sicherheit bei der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gewährleisten sowie Normen und Grundsätze für verantwortungsbewusstes Verhalten von Staaten weiterzuentwickeln. Ab 2026 soll sich ein ständiges Gremium, der sogenannte Global Mechanism, mit Fragen der internationalen Cybersicherheit befassen. Trotz der angespannten geopolitischen Weltlage konnten Deutschland und seine Partner ihre Interessen erfolgreich verteidigen. Diese bestanden in erster Linie darin, zu verhindern, dass der Globale Mechanismus sich vorrangig auf die Förderung des russischen Vorschlags für einen rechtsverbindlichen Cybersicherheitsvertrag konzentriert. Die Sorge war, dass sich westliche Staaten mit so einem Vertrag in ihren Cyberhandlungen einschränken würden, während Russland das Abkommen ignorieren könnte. Was auf dem Spiel steht: Der Globale Mechanismus bietet die Chance, im Rahmen der UN substanzielle Fortschritte im Bereich Cybersicherheit zu erzielen. Deutschland und seine Verbündeten sind nun gefragt, dieses zentrale Gremium aktiv mitzugestalten und dessen Arbeit ergebnisorientiert auszurichten. Andernfalls droht die Gefahr, dass autokratische Akteure wie Russland die Gesprächsthemen dominieren und aus Sicht westlicher Staaten wichtige Themen – wie z.B. die Anwendung des Völkerrechts auf den Cyberraum – unterminiert werden könnten. So hat bereits eine Gruppe gleichgesinnter Staaten, bestehend u.a. aus Russland, Nicaragua, Venezuela, Iran und China, kontinuierlich die Zuständigkeit von internationalem Recht für den Cyberraum infrage gestellt. Was zu tun ist: Der Globale Mechanismus wird künftig jährlich zwei Wochen lang tagen. Dabei wird er sich unter anderem themenspezifischen Arbeitsgruppen (etwa zur Bedrohung durch Quantencomputer) sowie Plenarsitzungen widmen, in denen Staaten ihre Positionen zu Fragen des Völkerrechts, Gefahren im Cyberraum, Normen für verantwortungsvolles staatliches Handeln im Cyberraum sowie dem Aufbau von Cyberkapazitäten in Entwicklungsstaaten darlegen können. Damit die Plenarsitzungen nicht – wie in der bisherigen OEWG – in redundanten Aufzählungen nationaler Prioritäten erstarren, sollten Deutschland und seine Partner künftig stärker auf eine koordinierte und thematisch fokussierte Beteiligung setzen. Eine gemeinsame Schwerpunktsetzung auf ausgewählte Themen pro Sitzungsjahr würde nicht nur die Effektivität der Diskussionen steigern, sondern auch die Sichtbarkeit konstruktiver Beiträge erhöhen. Anstatt etwa eindringlich vor den Risiken von Quantencomputern zu warnen, könnten verbündete Staaten gemeinsam konkrete Maßnahmen zur Stärkung ihrer Resilienz besprechen – wie etwa durch den Einsatz von Post-Quanten-Kryptografie. Lesen Sie mehr zum Thema Cybersicherheit in Valentin Webers Memo „A Lack of Action in UN Cyber Discussions Is Partly the Fault of the West“. |