Die Spezialausgabe am Samstag, 28. Dezember
| Was jetzt? | Die Spezialausgabe am Samstag, 28. Dezember | |
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von Sasan Abdi-Herrle Redaktionsleiter ZEIT ONLINE |
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Wir wollen nichts beschönigen: 2024 hatte es in sich. Doch über Krieg und Krisen kann man schnell vergessen, dass es immer auch Grund für Optimismus gibt. Für die letzte Ausgabe unseres positiven Newsletters in diesem Jahr haben wir Kolleginnen und Kollegen gefragt, was sie beim Gedanken an 2025 positiv stimmt. Und siehe da: Es gibt viele gute Gründe. Doch lesen Sie selbst. Viel Spaß! |
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Darauf freuen wir uns im neuen Jahr |
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Ich mag Jahresanfänge nicht, die dunklen, kalten Monate, der Frühling noch weit weg. 2025 aber fiebere ich dem Februar entgegen. Wir erwarten unser erstes Kind. Ich werde diese Jahreszeit künftig mit dem Kostbarsten verbinden, das ich in diesem Leben habe. Natürlich fragen wir uns, in welcher Zeit wir gerade ein Kind zur Welt bringen. Was tun wir ihm da an? Ich halte es mit den Älteren, die sagen: Leicht und unbeschwert waren die Zeiten nie. Zudem ist eine Geburt auch ein schöner Trotz; das Leben geht weiter, neues Leben beginnt. Auf Glückwunschkarten heißt es oft: "Jedes Kind ist ein Zeichen der Hoffnung für diese Welt." Ich hoffe, wir bekommen ganz viele solcher Karten. |
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Sören Götz, Redakteur Mobilität |
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Das Ende der Knechtschaft |
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Hoffnung wird auch im Jahr 2025 ein rares Gut sein. Ein kostbares Juwel im tauben Gestein. Leicht kann man es übersehen, doch gibt es sie, zum Beispiel hier: in Myanmar, dem ehemaligen Burma in Südostasien. Jahrzehntelang wurden die Menschen dort von wechselnden (Militär-)Diktaturen geknechtet. Eine ganze Epoche haben Soldatenjuntas die Bevölkerung unterdrückt, besonders die vielen Minderheiten. Diese haben sich erhoben, lange wirkte ihr Kampf aussichtslos, doch mittlerweile erobern sie Stadt um Stadt. Es gibt Hoffnung auf baldige, ernsthafte Friedensgespräche und ein Ende der Knechtschaft von 55 Millionen Menschen: Wenn das kein Grund zum Feiern wäre. |
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Wolfgang Bauer, Reporter der Chefredaktion |
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Im Herbst war ich mir noch ziemlich sicher, dass es den Extremisten von AfD bis BSW in Thüringen gelingen würde, die Mitte zwischen sich zu zerreiben, sie mindestens lächerlich zu machen. Doch so ist es nicht gekommen. Die gemäßigten Parteien haben Nerven und Geschick bewiesen und am Ende, mit ein bisschen Hilfe von Bodo Ramelow, einen neuen Ministerpräsidenten gewählt. Für 2025, und für die ampeligen Konstellationen, die da auf uns zukommen, hält das ein paar Erkenntnisse bereit: Nerven behalten. Nicht auf dem Maximum bestehen. Es lebe der Kompromiss! Da draußen ist immer noch ein Publikum, das für so etwas dankbar ist. |
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Mariam Lau, Redakteurin Politik |
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Mittel gegen schwere Krankheiten |
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Tom Kattwinkel, Redakteur Gesundheit |
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Die Macht der Überraschung |
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Die Welt ist kompliziert, in der Regel viel komplizierter, als wir sie einschubladieren wollen. Das eröffnet ständig Möglichkeiten, mit denen niemand rechnet. Da stürzen Terror-Regime, da tauchen Hunderte neue Tier- und Pflanzenarten auf, da entstehen Ideen, Widersprüche, Kunstwerke, Erfindungen und Interventionen ganz plötzlich. Das also macht mir Mut: Lassen wir uns 2025 positiv überraschen. |
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Laura Hertreiter, Ressortleiterin Feuilleton |
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Alexandra Popp ist weg, aber der Frauenfußball bleibt. 2025 wird er sogar ganz nah sein: Die EM kommt in die Schweiz. Das Turnier wird sicher – um es schwitzerdütsch zu sagen – hueregeil. Pünktliche Züge, ein ausgeklügeltes Depotsystem für das Stadionbier und Elfmeterschießen mit Blick auf Toblerone-Berge. Vielleicht gibt es sogar einen Tor-Jodel. In jedem Fall werden wir Fußball auf alpinem Niveau sehen. Und die deutsche Mannschaft, so kann man nach Olympiabronze hoffen, wird auf dem Gipfel mitmischen. |
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Laura Sophie Jung, Redakteurin ZEITmagazin Online |
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Im Oktober hat der Flughafen Dunedin im Süden Neuseelands ein Liebeslimit ausgesprochen. Im Abflugbereich hängt seitdem ein Schild, auf dem auf Englisch steht: "Maximale Umarmungszeit drei Minuten – Für innigere Abschiede nutzen Sie bitte den Parkplatz." Dem Betreiber zufolge haben sich zu viele Menschen zu lange verabschiedet, sodass andere wiederum gar keinen Platz für ihre Umarmungen gehabt hätten. Warum mich das froh macht? Eines meiner bizarreren Hobbys ist, mir vorzustellen, wie in vielen Jahrtausenden Aliens unseren Planeten studieren werden, die Menschheit ist in dieser Vorstellung längst ausgestorben. Was werden sie über uns denken? Sie werden viel Grausames und Verstörendes finden. Aber irgendwo wird auch dieses Schild rumliegen, und sie werden vielleicht zu dem Schluss kommen, dass eine Spezies, die zu so viel Zuneigung fähig war, dass man Zeitlimits dafür aussprechen musste, so ganz verkehrt nicht gewesen sein kann. |
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Britta Stuff, Ressortleiterin Entdecken |
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Ich kann selbst kaum glauben, dass mein einziger Kalendereintrag für 2025 aktuell ein Chorwochenende auf Falster in Dänemark ist. Ein paar Tage nur für mich, ohne Arbeit, ohne Kinder. Jahrelang standen da fast nur berufliche und familiäre Termine. Doch nun singe ich wieder in meinem alten Chor. Ich hatte völlig vergessen, wie schön es ist, etwas ohne einen bestimmten Zweck zu tun, ohne Ziel – mehr davon im neuen Jahr! |
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Johanna Schoener, Redakteurin Familie |
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Ein kartografiertes Gehirn |
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Der Mensch, der gern die Welt verstehen würde, versteht noch nicht einmal den Klops aus Hirngewebe, mit dem er die Welt theoretisch durchdringen könnte. So gesehen ist Forschenden in diesem Jahr eine Sensation gelungen: Sie haben das Gehirn einer Fruchtfliege kartiert, alle 139.255 Neuronen, alle 54,5 Millionen Synapsen. Damit steht der erste Hirnschaltplan eines sehenden, sich bewegenden Tieres und die Grundlage für weitere spannende Forschung in naher Zukunft. Dass es dabei um ein Gehirn von der Größe eines Mohnkorns geht, zeigt doch sehr schön, wie viel der Mensch kann – und wie wenig. |
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Viola Kiel, Redakteurin Wissen |
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Seit Jahren lese ich immer wieder Studien, die sagen: Die Menschen blicken optimistischer in ihre eigene Zukunft als auf die Zukunft ihres Landes. Mich stimmt das zuversichtlich, auch für das kommende Jahr. Ich glaube: Wer für sich persönlich Hoffnung hat, will etwas zum Besseren bewegen – und das wiederum ist gut für uns alle, also auch fürs Land. |
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Kilian Trotier, Ressortleiter ZEITmagazin ONLINE |
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Eine überraschende Nachricht |
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Vor ein paar Tagen hatte ich eine Freundin aus meiner Kindheit am Telefon, nach fast 50 Jahren zum ersten Mal. Das Gespräch war so, als hätten wir uns nie aus den Augen verloren: vertraut, ernsthaft, lustig. Es dauerte fast zwei Stunden lang. Am Ende fragte ich sie, was denn aus ihrer Mutter geworden sei, die ich immer so gern gemocht hatte. Ich erwartete eine Geschichte von Krankheit, Pflege, Tod, also das Übliche nach so langer Zeit. Aber nein: Der Mutter geht es gut! Sie lebt mit 101 Jahren noch immer halbwegs selbstständig in dem Haus, in dessen Garten wir damals Gummitwist gespielt haben. Ich weiß nicht, ob ich im nächsten Jahr zu einem Besuch nach Minden kommen werde; es gibt da sonst niemanden mehr. Aber eine Karte zu Weihnachten habe ich geschrieben. Die Adresse weiß ich noch auswendig. |
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Iris Mainka, Redakteurin für besondere Aufgaben |
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Am Ende eines langen US-Wahljahres steht Donald Trump als nächster Präsident kurz vor dem Wiedereinzug ins Weiße Haus. Das lässt viele erschöpft und sorgenvoll ins neue Jahr blicken. Dass ich trotzdem hoffnungsvoll auf dieses politische und gesellschaftliche 2025 in den Vereinigten Staaten blicke, liegt an Ihnen, liebe Leserinnen und Leser: Vielen Dank für Ihre vielen Zuschriften, die Ihr großes Interesse an Einordnungen und Geschichten aus diesem wilden Amerika zeigen. |
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Rieke Havertz, Internationale Korrespondentin |
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In diesem Jahr haben die Senegalesen ihre Demokratie gerettet – mit Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Korruption und einen Präsidenten, der die Verfassung aushebeln wollte. Jetzt gehen sie mit einem neuen, gewählten Amtsinhaber ins nächste Jahr. Bassirou Diomaye Faye heißt der Mann, ist 44 Jahre alt und – bis auf Weiteres – der große Hoffnungsträger. |
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Andrea Böhm, Redakteurin Politik |
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Es ist gut, dass es endlich zu Ende geht, dieses furchtbare Jahr in Osteuropa. In Russland wurde der Oppositionelle Alexej Nawalny ermordet, in der Ukraine verbrannten die russischen Truppen eine Stadt nach der anderen, in Moldau haben russische Trolle mitgewählt, in Georgien treibt ein Putin-Fan und Oligarch das Land gegen den Willen des Volkes in Russlands Einflusssphäre. Ein Lichtblick, wenn auch ein kleiner, ist die georgische Weinernte: Die Rotweine versprechen wieder wunderbar zu werden, vor allem jene aus Kachetien, die in den Tongefäßen (Kvevri) gereift sind. Damit spüle ich die Verzweiflung weg und hebe mein Glas auf ein neues, besseres Jahr. |
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Michael Thumann, Außenpolitischer Korrespondent im Büro Moskau |
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Eine neue Ratspräsidentschaft |
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Nach den unsäglichen "diplomatischen Initiativen" von Viktor Orbán übernimmt zum 1. Januar Polen die EU-Ratspräsidentschaft. Das ist ein gutes Zeichen für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Europa. An der hoffentlich auch eine neue Bundesregierung gestärktes Interesse zeigen wird. |
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Jona Spreter, Nachrichtenredakteur |
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Die Hausaufgaben der Kinder erledigt ChatGPT, die Kundenhotline spricht mit Roboterstimme und das Bild im Internet ist ein Fake. So oder so ähnlich dürften viele Menschen im Jahr 2024 mit künstlicher Intelligenz in Berührung gekommen sein. Dabei ist die Technologie viel mehr als das. KI ist in der Forschung zu einem mächtigen Werkzeug geworden – und beschleunigt in einigen Disziplinen Dinge, die seit Jahren nicht vorankamen. Zu Recht ging der diesjährige Chemie-Nobelpreis an KI-Forscher für die Vorhersage und den Bau von Proteinen. Forscher nutzen die Technologie, um neue Materialien für Batterien und Solarzellen zu finden oder um Krebsmedikamente und Antibiotika zu entwickeln. Wir werden in den nächsten Jahren noch viel davon hören. |
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Nicolas Killian, Redakteur Digital |
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Hannah Scherkamp, Redakteurin Arbeit |
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In einem Buchladen lag letztens ein Abreißkalender für 2025, in dem jeden Tag eine gute Nachricht stand. Leider weiß ich nicht mehr, wie genau sie lauteten, aber sie waren schon nett! Solange es solche Kalender gibt, gibt es auch Hoffnung. |
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Martin Hogger, Redakteur ZEITmagazin ONLINE |
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Mich stimmt positiv, dass es 2025 eine gewisse Dringlichkeit geben wird, sich politisch und gesellschaftlich über alle Milieus und Generationen hinweg achtsam, verständnisvoll und auf Augenhöhe zu begegnen. Ich werde es dabei mit den Pinguinen aus Madagascar halten: Stur lächeln und winken, anstatt mit erhobener rhetorischer Faust in jede Auseinandersetzung zu gehen. |
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Julian Stopa, Redakteur Hochkant |
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Wenn alles schlecht läuft, vergisst man leicht, wie sich "gut" überhaupt anfühlt. So ähnlich geht es auch Menschen mit Depressionen: Sie können sich nur schwer vorstellen, dass ihre Depression je enden wird. Doch das tut sie in den meisten Fällen. Als ich Ende des Jahres für einen Artikel mit Menschen darüber sprach, wie sie aus ihrer Depression herausgefunden haben, war ich so erfüllt von Zuversicht. Ein Pfarrer erzählte mir, wie er bei der Gartenarbeit erkannte, dass es mehr im Leben gibt als die Depression. Ein Gefängnisbeamter erzählte, dass er lernte, seine Gefühle zuzulassen und so seine Freude wiederfand. Eine Rentnerin, wie sie sich in Selbstliebe übte. Eine Ärztin, wie sie ihre Scham ablegte. Es gibt viele Wege aus dem Dunkel. Was schlecht ist, kann wieder gut werden – das darf man nie vergessen. |
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Anaïs Kaluza, Redakteurin Gesundheit |
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Und nun auf in die letzten Tage des Jahres. Was haben Sie in der entscheidenden Nacht vor? In Berlin ist ein hoffentlich rauschendes Fest geplant. Möge die Zuversicht mit uns sein! |
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Produktion: Andrea Schneider |
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Bildredaktion: Caro Scharff |
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